Zerreißprobe – Sozialarbeit in Zeiten des Lockdowns

Zerreißprobe – Sozialarbeit in Zeiten des Lockdowns

 
 
Bibelclub in Schulen
Die Menschen in Simbabwe sind zu 85% Christen. Da es im Land wenig Bibeln gibt, wissen die Menschen nicht, wie man den Glauben im Alltag umsetzen kann. Scripture Union, eine internationale Bibelgesellschaft, hat  Konzepte für Schulen entwickelt, die Schülern den Glauben und Bibelwissen  praktisch nahe bringt.   Scripture Union setzt sich für die Straßenkinder in Masvingo ein. Viele Kinder haben ihre Eltern durch Aids verloren und keine Versorgung mehr. Scripture Union betreibt ein Haus, wo die Kinder Ansprechpartner haben, duschen können, etwas zu Essen bekommen. Die Arbeit lebt ausschließlich von Spenden.
Mitten in der Innenstadt der Kleinstadt Masvingo gibt es einen kleinen Buchladen. Hier kann man Bibeln und christliche Literatur bekommen. In Zeiten, in denen in Simbabwe das Geld sehr knapp ist und alles immer teurer wird, ist es eine Herausforderung, Geld auszugeben für christliche Literatur. Clara, die Verkäuferin und Mitarbeiterin von Scripture Union (dt. Bibellesebund) erzählte mir, dass sie froh sind, wenn sie ein bis zwei Bücher am Tag verkaufen. Sie hat auch Zeit, mit den Menschen ins Gespräch über Gott und den Glauben zu kommen. Aber das ist nicht alles, was Scripture Union in Masvingo macht. Wenn man den kleinen Gang nach hinten durchläuft, dann kommt man in das Büro von Ndina Sithole, der Leiterin. Mit ihr bin ich zu Grund- und Sekundarschulen gefahren. In den Schulen in Simbabwe gibt es Bibelkreise, die von Scripture Union organisiert werden. Dafür werden jeweils zwei LehrerInnen ausgesucht, die die Gruppen verantwortlich leiten. Die Menschen in Simbabwe machen gern Musik, singen und tanzen viel. So gehört zu vielen SU-Gruppen auch ein Chor. Ndina kennt die LehrerInnen und hält Kontakt zu ihnen. Wann immer es ihr finanziell möglich ist, besucht sie die Schulen, um in den SU-Gruppen die Kinder in ihrer Bibelarbeit anzuleiten, zu singen und sie zu ermutigen. Höhepunkte der gemeinsamen Arbeit sind die SU-Camps, zu denen sich die SchülerInnen regional für ein Wochenende treffen, um miteinander Jesus zu feiern und die Bibel besser kennenzulernen. Hier kommen oft auch ehemalige SchülerInnen noch einmal zu Besuch, da das für alle ermutigende Höhepunkte sind. Außerdem hat Scripture Union in ihrem Hauptquartier in Masvingo auch eine Küche, einen kleinen Unterrichtsraum und einen Garten mit Feuer- und Wasserstelle. Hierher kommen täglich Kinder und Jugendliche, die auf der Straße leben. Zu dem Hauptquartier gibt es einen Hintereingang, der über eine abgelegene Sandstraße zu erreichen ist. Manche Kinder übernachten mit ihren wenigen Habseligkeiten gleich vor der Tür. Sie können sich dann bei SU selbst und ihre Sachen waschen, bekommen ein warmes Essen und haben Kontakt zu den MitarbeiterInnen, die mit ihnen lernen, kochen, Fußball spielen oder ihnen helfen, sich bei Streit wieder zu versöhnen. SU ist ganz nah bei ihnen und sieht auch, wenn die Jungs eine Weile weg sind. Dann gehen sie durch die Straßen und suchen nach ihnen. Auch die staatlichen Behörden wissen von dem Engagement und rufen Ndina an, wenn z. B. ein Kind im Gefängnis sitzt oder bei der Polizei ist. Scripture Union übernimmt dann ihre Versorgung auch im Gefängnis. In Zeiten des Lockdowns ist das eine große Zerreißprobe. Nur Lebensmittelläden haben offen. Auch Scripture Union ist geschlossen. Aber der Kontakt zu den Kindern, die im Moment in einem Ausbildungszentrum untergebracht sind, bleibt bestehen. Ndina besucht sie regelmäßig. Angeschlossen an SU ist auch eine Wohngemeinschaft, in der Kinder und Jugendliche wohnen dürfen, die sich entscheiden, wieder zur Schule zu gehen. Sie werden dort resozialisiert und darauf vorbereitet, wieder zu ihren Familien zurückzugehen. Derzeit wohnen fünf Kinder dort. Goodness, eine Mitarbeiterin ist die WG-Mutter. Sie ist tagsüber im Hauptquartier in Masvingo und arbeitet mit den Straßenkindern. Sie kümmert sich um alles, auch um die gesundheitliche Versorgung, wenn sie krank sind. Eine Schule von Don Bosco gibt den Straßenkindern eine neue Chance und nimmt sie auf, ohne dass sie das Schulgeld bezahlen müssen. Sie wissen um die Problematik und arbeiten mit SU zusammen. Für die Kinder und Jugendlichen ist es oft sehr schwer, sich an den normalen Alltag wieder zu gewöhnen. Ich bin sehr froh darüber, dass es einige der Kinder, die ich 2017 dort kennenlernen durfte, geschafft haben. Sie haben durchgehalten und sind inzwischen zwei Jahre durchgängig zur Schule gegangen. Es war harte Arbeit, sie dazu zu bewegen.                                                                                                                                               März 2020  Beate Nagel 
Bilder: Ndina Sithole, Beate Nagel